Anwendung der Bruttomethode bei Ausschüttungen einer EU-Kapitalgesellschaft an eine deutsche Organgesellschaft
Einführung
Ein kürzlich vom Bundesfinanzhof (BFH) gefälltes Urteil vom 06.02.2025 (Az: IV R 29/22) klärt die Anwendung der Bruttomethode bei Ausschüttungen einer EU-Kapitalgesellschaft an eine deutsche Organgesellschaft. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Besteuerung internationaler Konzerne.
Sachverhalt
Eine deutsche Personengesellschaft, die als Organträger fungiert, erhielt Ausschüttungen von ihrer dänischen Tochter-Kapitalgesellschaft. Das Finanzamt rechnete diese Ausschüttungen in voller Höhe dem zu versteuernden Einkommen der Organträger-Personengesellschaft zu, ohne die Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG (Körperschaftsteuergesetz).
Rechtsfragen
Die zentrale Rechtsfrage war, ob die volle Anrechnung der Ausschüttungen ohne Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG rechtmäßig ist und ob dies einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 90/435/EWG darstellt. § 8b Abs. 1 KStG regelt die sogenannte Teilfreistellung bei bestimmten Dividenden. Die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23.07.1990 betrifft das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten und soll eine Doppelbesteuerung vermeiden.
Entscheidung und Begründung
Der BFH entschied, dass die Ausschüttungen der dänischen Tochtergesellschaft an die deutsche Organgesellschaft in voller Höhe – ohne Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG – dem Einkommen der deutschen Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen sind (§ 15 Satz 1 Nr. 2 KStG). Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass kein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 90/435/EWG vorliegt. Die Anwendung der Bruttomethode ist in diesem Fall gerechtfertigt.
Auswirkungen
Das Urteil bestätigt die Praxis der Finanzverwaltung und schafft Rechtssicherheit für Unternehmen in vergleichbaren Konstellationen. Es verdeutlicht die Anwendung der Bruttomethode bei Ausschüttungen von EU-Kapitalgesellschaften an deutsche Organgesellschaften und präzisiert die Auslegung von § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG im Kontext der Richtlinie 90/435/EWG.
Schlussfolgerung
Die Entscheidung des BFH hat Bedeutung für die Besteuerung internationaler Unternehmensgruppen. Die Klärung der Rechtslage durch den BFH bietet Orientierung für die zukünftige steuerliche Behandlung solcher Ausschüttungen.
Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.02.2025, Az: IV R 29/22 (ECLI:ECLI:DE:BFH:2025:U.060225.IVR29.22.0), vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22. September 2022, Az: 1 K 17/20.