BGH-Entscheidung zum Konsumcannabisgesetz: Auswirkungen auf laufende Verfahren
Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 24. Oktober 2024 eine wichtige Entscheidung zur Anwendung des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) in laufenden Strafverfahren getroffen. Der Beschluss verdeutlicht die Rückwirkung des milderen Gesetzes und hat erhebliche Auswirkungen auf die Verurteilung von Personen, die wegen Cannabisdelikten angeklagt sind.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht Bielefeld hatte den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Taten bezogen sich auf Cannabis. Der Angeklagte legte Revision gegen das Urteil ein.
Rechtliche Fragen: Die zentrale Rechtsfrage war, ob das am 1. April 2024 in Kraft getretene KCanG auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, obwohl die Taten vor diesem Datum begangen wurden. Das KCanG regelt den Umgang mit Konsumcannabis neu und ist im Vergleich zur vorherigen Rechtslage milder.
Entscheidung und Begründung: Der BGH hob den Schuldspruch des Landgerichts teilweise auf und änderte ihn. Der BGH stellte fest, dass das KCanG rückwirkend anzuwenden ist, da es milder als das zuvor geltende Recht ist. Gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO muss das mildere Gesetz berücksichtigt werden. Der Schuldspruch wurde entsprechend geändert, wobei die Feststellungen zu den Tathandlungen bestehen blieben. Da die nicht geringe Menge bei § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG nur ein Regelbeispiel und keine Qualifikation darstellt, musste dies nicht im Schuldspruch gekennzeichnet werden. Die Aufhebung der Strafen erfolgte, da der BGH nicht ausschließen konnte, dass das Landgericht bei Anwendung des milderen KCanG geringere Strafen verhängt hätte. Die Sache wurde zur Neuverhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Eine Erstreckung der Urteilsaufhebung auf die Mitangeklagten lehnte der BGH ab, da die Aufhebung auf einer nachträglichen Rechtsänderung und nicht auf einem Verfahrensfehler beruhte.
Auswirkungen: Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Folgen für laufende Strafverfahren wegen Cannabisdelikten. Sie bestätigt die Rückwirkung des KCanG und verpflichtet die Gerichte, die mildere Rechtslage zu berücksichtigen. Dies kann zu geringeren Strafen oder sogar zur Einstellung von Verfahren führen.
Schlussfolgerung: Der Beschluss des BGH verdeutlicht die Bedeutung des KCanG für die deutsche Rechtsprechung. Die Entscheidung schafft Klarheit über die Anwendung des neuen Gesetzes in laufenden Verfahren und unterstreicht den Grundsatz der Rückwirkung milderer Gesetze. Es ist zu erwarten, dass diese Entscheidung wegweisend für zukünftige Fälle sein wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Oktober 2024 – 4 StR 120/24