BGH-Entscheidung zur Cannabis-Gesetzgebung: Neue Bewertung von Anbau und Handel
Einführung: Ein kürzlich ergangener Beschluss des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Oktober 2024 (Az. 2 StR 411/24) verdeutlicht die Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes (KCanG) auf die strafrechtliche Beurteilung von Cannabis-Anbau und -Handel. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der als Erntehelfer auf einer Marihuanaplantage tätig war.
Sachverhalt: Der Angeklagte arbeitete für zehn Tage auf einer illegalen Cannabisplantage und erntete dort Marihuanapflanzen. Er wurde vor Abschluss der Ernte festgenommen. Das Landgericht Aachen verurteilte ihn wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
Rechtliche Probleme: Der BGH hatte zu prüfen, wie sich das am 1. April 2024 in Kraft getretene KCanG auf den Fall auswirkt. Die zentrale Frage war, ob die Tätigkeit des Angeklagten unter das neue Gesetz fällt und ob sich dadurch eine mildere Strafe ergibt.
Entscheidung und Begründung: Der BGH änderte den Schuldspruch des Landgerichts. Nach dem KCanG ist das Handeln des Angeklagten nicht nur als Beihilfe zum Handeltreiben, sondern auch als Herstellen von Cannabis zu werten. Die Ernte und Trocknung der Pflanzen fallen unter den Herstellungsbegriff des KCanG. Der BGH stellte fest, dass beide Taten in Tateinheit stehen. Obwohl der Angeklagte nicht den gesamten Produktionsprozess kontrollierte, erfüllte er die Tatbestandsmerkmale des Herstellens durch seine konkreten Handlungen. Das KCanG erwies sich im Vergleich zum BtMG als milderes Gesetz, da der Strafrahmen für das Herstellen von Cannabis niedriger ist. Der BGH änderte den Schuldspruch entsprechend, beließ aber die vom Landgericht verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung.
Auswirkungen: Die Entscheidung verdeutlicht, wie das KCanG die strafrechtliche Bewertung von Cannabis-Delikten verändert. Die Einbeziehung der Ernte in den Herstellungsbegriff erweitert den Anwendungsbereich des KCanG. Gleichzeitig zeigt der Fall, dass trotz der neuen Gesetzgebung weiterhin Freiheitsstrafen verhängt werden können, insbesondere bei Beteiligung am illegalen Handeltreiben.
Schlussfolgerung: Der Beschluss des BGH liefert wichtige Hinweise zur Anwendung des KCanG. Die Abgrenzung zwischen Herstellen, Handeltreiben und Beihilfe wird in der Rechtsprechung weiter konkretisiert werden müssen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtspraxis im Umgang mit Cannabisdelikten unter dem neuen Gesetz entwickelt.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Oktober 2024, Az. 2 StR 411/24 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs oder juristische Datenbanken).