BGH: Erneute Anhörung bei geändertem Willen im Betreuungsverfahren notwendig

BGH hebt Betreuungsbeschluss auf: Notwendigkeit der erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren

BGH hebt Betreuungsbeschluss auf: Notwendigkeit der erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren

Einleitung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 23.10.2024 (XII ZB 318/24) einen Beschluss des Landgerichts Hildesheim zur Einrichtung einer Betreuung aufgehoben. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren, insbesondere wenn dieser seinen zuvor erklärten Willen zur Betreuung geändert hat.

Sachverhalt

Die 89-jährige Betroffene leidet unter Demenz und diversen körperlichen Gebrechen. Das Amtsgericht hatte eine umfassende Betreuung für sie eingerichtet und eine Berufsbetreuerin bestellt. Die Kinder der Betroffenen wurden vom Gericht als Betreuer aufgrund von verbalen Entgleisungen und mangelnder Kooperation als ungeeignet angesehen. Die Betroffene hatte zunächst der Betreuung zugestimmt, legte jedoch gegen den Beschluss Beschwerde ein.

Rechtliche Probleme

Kernfrage des Verfahrens war, ob das Landgericht die Betroffene im Beschwerdeverfahren erneut hätte anhören müssen, nachdem sie zunächst der Betreuung zugestimmt, später aber Beschwerde eingelegt hatte. Es stellte sich die Frage, ob die Änderung des Willens der Betroffenen eine erneute Anhörung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG notwendig machte.

Entscheidung und Begründung

Der BGH hob den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück. Die Richter stellten fest, dass eine erneute Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren erforderlich gewesen wäre. Gemäß § 68 Abs. 3 FamFG kann zwar von einer erneuten Anhörung abgesehen werden, wenn die erstinstanzliche Anhörung ordnungsgemäß erfolgte und keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Im vorliegenden Fall hatte die Betroffene jedoch ihren Willen geändert, was eine neue Tatsachengrundlage darstellt. Da die Frage des Einverständnisses des Betroffenen für die Entscheidung wesentlich ist (§ 1814 Abs. 2 BGB), hätte das Landgericht die Betroffene erneut anhören und sich mit der Frage ihres freien Willens befassen müssen.

Implikationen

Die Entscheidung des BGH bekräftigt die Wichtigkeit der persönlichen Anhörung des Betroffenen im Betreuungsverfahren, insbesondere im Beschwerdeverfahren. Sie verdeutlicht, dass eine Änderung des Willens des Betroffenen eine neue Tatsachengrundlage darstellt, die eine erneute Anhörung erforderlich macht. Gerichte müssen sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG vorliegen, bevor sie von einer erneuten Anhörung absehen.

Schlussfolgerung

Der BGH betont mit dieser Entscheidung den Schutz der Selbstbestimmung des Betroffenen im Betreuungsrecht. Die erneute Anhörung ist essentiell, um sicherzustellen, dass eine Betreuung nur dann eingerichtet wird, wenn sie dem tatsächlichen Willen des Betroffenen entspricht und die Voraussetzungen des § 1814 Abs. 2 BGB erfüllt sind. Das Landgericht muss nun im weiteren Verfahren die Frage des freien Willens der Betroffenen klären und den Betreuungsbedarf für die einzelnen Aufgabenbereiche begründen.

Quellen

  • Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.10.2024 - XII ZB 318/24

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