BGH-Urteil zur Zuständigkeit bei Pauschalreiseverträgen mit Auslandsreiseziel
Einführung
Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefälltes Urteil vom 26. November 2024 (Az. X ZR 47/23) klärt wichtige Fragen zur Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Streitigkeiten aus Pauschalreiseverträgen, wenn das Reiseziel im Ausland liegt, aber sowohl der Reisende als auch der Reiseveranstalter in Deutschland ansässig sind. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Verbraucher und die Reisebranche.
Hintergrund des Falls
Der Fall betrifft eine Klage eines Verbrauchers gegen einen Reiseveranstalter wegen eines Pauschalreisevertrags. Der Verbraucher hatte den Reiseveranstalter vor dem Landgericht (LG) Mainz verklagt. Sowohl der Verbraucher als auch der Reiseveranstalter haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Das Reiseziel der Pauschalreise lag jedoch im Ausland. Das LG Mainz und in der Berufung das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz bejahten ihre Zuständigkeit. Der BGH hatte nun über die Revision des Reiseveranstalters zu entscheiden.
Rechtliche Fragen
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Auslegung von Art. 18 Abs. 1 Fall 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO) in Verbindung mit der Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß § 545 Abs. 2 ZPO. Es stellte sich die Frage, ob ein deutsches Gericht zuständig ist, wenn sowohl Verbraucher als auch Reiseveranstalter ihren Wohnsitz in Deutschland haben, das Reiseziel der Pauschalreise aber im Ausland liegt. Weiterhin war relevant, ob das Revisionsgericht die örtliche Zuständigkeit zu überprüfen hat, wenn diese von der Auslegung einer klärungsbedürftigen Frage des Unionsrechts abhängt und das Berufungsgericht eine eigene Pflicht zur Einholung einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verneint hat.
Entscheidung und Begründung
Der BGH bestätigte die Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Er folgte der Auslegung des EuGH in dessen Urteil vom 29. Juli 2024 (C-774/22). Demnach ist die internationale und örtliche Zuständigkeit nach Art. 18 Abs. 1 Fall 2 Brüssel Ia-VO gegeben, wenn ein Verbraucher einen Reiseveranstalter nach Abschluss eines Pauschalreisevertrags vor dem Gericht des Mitgliedstaats verklagt, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat und die Vertragspartner beide in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässig sind, das Reiseziel aber im Ausland liegt. Der BGH stellte zudem klar, dass das Revisionsgericht die örtliche Zuständigkeit zu überprüfen hat, wenn diese von der Auslegung einer klärungsbedürftigen Frage des Unionsrechts abhängt und das Berufungsgericht eine eigene Pflicht zur Einholung einer Vorabentscheidung verneint hat, weil es die Revision zugelassen hat.
Auswirkungen
Das Urteil stärkt die Rechte von Verbrauchern in Deutschland. Es vereinfacht die Durchsetzung von Ansprüchen aus Pauschalreiseverträgen, da Klagen am Wohnsitz des Verbrauchers möglich sind, auch wenn die Reise im Ausland stattgefunden hat. Dies vermeidet zusätzliche Kosten und Aufwand für Verbraucher. Für Reiseveranstalter bedeutet das Urteil hingegen, dass sie sich auch bei Reisen ins Ausland mit Klagen an deutschen Gerichten konfrontiert sehen können.
Schlussfolgerung
Die Entscheidung des BGH schafft Klarheit in Bezug auf die Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Pauschalreiseverträgen mit Auslandsreiseziel. Sie stärkt den Verbraucherschutz und trägt zur Harmonisierung der Rechtsprechung innerhalb der EU bei. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Rechtsprechung in der Praxis weiterentwickelt und welche weiteren Fragen sich im Zusammenhang mit der Brüssel Ia-VO stellen werden.
Quellen:
- BGH, Urteil vom 26. November 2024 - X ZR 47/23
- EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024 - C-774/22
- Bundesministerium der Justiz (Quelle des Falles)