BSG-Beschluss: Rechtliches Gehör und Reisekostenvorschuss im Sozialgerichtsverfahren
Einführung: Ein kürzlich ergangener Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.12.2024 (Aktenzeichen: B 8 SO 7/24 B) unterstreicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Sozialgerichtsverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit der Bewilligung von Reisekostenvorschüssen für mittellose Kläger.
Sachverhalt: Der Fall betrifft einen Kläger, der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII bezieht und einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend machte. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hatte die Klage des Klägers teilweise abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger beantragte die Übernahme der Reisekosten zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, was das LSG jedoch ablehnte, da der Kläger seine Mittellosigkeit nicht ausreichend nachgewiesen hatte. Die mündliche Verhandlung wurde in Abwesenheit des Klägers durchgeführt.
Rechtliche Probleme: Kernfrage des Verfahrens war die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers durch die Ablehnung seines Antrags auf Reisekostenübernahme und die Durchführung der mündlichen Verhandlung in seiner Abwesenheit. Es stellte sich die Frage, ob das LSG seiner Pflicht zur Prüfung der Mittellosigkeit und zur Gewährung rechtlichen Gehörs ausreichend nachgekommen war.
Entscheidung und Begründung: Das BSG hob das Urteil des LSG auf und verwies die Sache zurück. Das BSG stellte fest, dass das LSG das rechtliche Gehör des Klägers verletzt hatte. Gemäß ständiger Rechtsprechung des BSG kann die Versagung eines Reisekostenvorschusses für mittellose Kläger eine Gehörsverletzung darstellen. Das Gericht muss in solchen Fällen die Mittellosigkeit prüfen und gegebenenfalls eine Reisekostenentschädigung nach der Verwaltungsverordnung über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) in Betracht ziehen. Das BSG rügte, dass das LSG dem Kläger keine alternativen Nachweismöglichkeiten für seine Mittellosigkeit aufgezeigt und die Verhandlung vertagt hatte, nachdem der Kläger Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Kontoauszügen schilderte.
Auswirkungen: Der Beschluss bekräftigt die Verpflichtung der Sozialgerichte, das rechtliche Gehör mittelloser Kläger zu gewährleisten und bei Anträgen auf Reisekostenvorschuss sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen der VwV Reiseentschädigung erfüllt sind. Gerichte müssen alternative Nachweismöglichkeiten in Betracht ziehen, um mittellosen Klägern die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen zu ermöglichen.
Schlussfolgerung: Der BSG-Beschluss verdeutlicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs als fundamentalen Verfahrensgrundsatz. Die Entscheidung stärkt die Rechte mittelloser Kläger im Sozialgerichtsverfahren und betont die Verantwortung der Gerichte, ihnen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen.
Quelle: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.12.2024 - B 8 SO 7/24 B