BSG-Urteil zum Pflegegeldanspruch in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe
Einleitung: Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 05.09.2024 ein wichtiges Urteil (Az.: B 3 P 9/22 R) zum Anspruch auf Pflegegeld in sogenannten besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe gefällt. Die Entscheidung klärt die Frage, ob Pflegebedürftige, die in solchen Einrichtungen leben und ihre Leistungen selbst finanzieren, Anspruch auf Pflegegeld oder lediglich auf die Pauschalleistung nach § 43a SGB XI haben.
Sachverhalt
Der Kläger, geboren 1951 und mit Pflegegrad 3 eingestuft, lebt seit 1998 in einer Lebensgemeinschaft, die Menschen mit Behinderungen Wohnraum und Leistungen der Eingliederungshilfe bietet. Er bewohnt dort ein Einzelzimmer und erhält Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Kosten hierfür trägt er selbst, da der Träger der Eingliederungshilfe eine Kostenübernahme abgelehnt hat. Der Kläger beantragte zum 1.1.2020 Pflegegeld nach Pflegegrad 3 anstelle der bisher erhaltenen Pauschalleistung nach § 43a SGB XI. Die Pflegekasse lehnte dies ab, da der Kläger in einer „besonderen Wohnform“ gemäß § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI lebe und somit keine häusliche Pflege vorliege.
Rechtliche Würdigung
Das BSG bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen. Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht nur bei häuslicher Pflege. Diese liegt nicht vor, wenn die Pflege in einer Einrichtung oder Räumlichkeit gemäß § 71 Abs. 4 SGB XI erfolgt. Die Lebensgemeinschaft, in der der Kläger lebt, erfüllt die Kriterien einer solchen „besonderen Wohnform“. Das WBVG findet Anwendung, und der Umfang der Gesamtversorgung entspricht weitgehend dem einer vollstationären Einrichtung. Entsprechend hat der Kläger Anspruch auf die Pauschalleistung nach § 43a SGB XI. Die Tatsache, dass der Kläger die Leistungen selbst finanziert, ändert daran nichts, da der Begriff der „Räumlichkeit“ in § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI an den Ort der Pflege anknüpft, nicht an die Kostenübernahme.
Implikationen
Das Urteil bestätigt die bestehende Rechtsprechung und verdeutlicht die Abgrenzung zwischen Pflegegeld und der Pauschalleistung nach § 43a SGB XI in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe. Es unterstreicht, dass die Selbstfinanzierung der Leistungen keinen Anspruch auf Pflegegeld begründet. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Pflegebedürftige in vergleichbaren Situationen und verdeutlicht den Bedarf an einer klaren gesetzlichen Regelung zur Finanzierung der Pflege in solchen Einrichtungen.
Schlussfolgerung
Das BSG hat die Rechtslage für Pflegebedürftige in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe klargestellt. Die Entscheidung bietet Orientierung für Betroffene, Pflegekassen und Leistungserbringer. Ob der Gesetzgeber die bestehenden Regelungen im Hinblick auf die Selbstzahler anpassen wird, bleibt abzuwarten.
Quelle: Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.09.2024, Az.: B 3 P 9/22 R (abrufbar über die Website des BSG).